Eltern
und Lehrer gemeinsam
gegen Aggression und Gewalt von Kindern
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So gut wie
alle Eltern und Erzieher werden heute mit dem
Problem zunehmender Aggression und Gewalt bei
Kindern konfrontiert - die einen mehr, die
anderen weniger. Auch vor unseren Schulen
"auf dem Land" hat diese Entwicklung
nicht Halt gemacht. Angesichts dieser Situation
luden die Elternbeiräte und Schulleitungen der
Volksschulen Mörnsheim, Schernfeld, Dollnstein
und Wellheim zu einem gemeinsamen Elternabend mit
dieser aktuellen Thematik ein. Welche Möglichkeiten gibt es, der
Gewaltanwendung bei Kindern und Jugendlichen
entgegenzusteuern? Wie können wir sie zu einem
friedlichen Umgang miteinander erziehen? Welche
Mittel und Methoden haben wir, um vorbeugend zu
wirken?
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Antworten auf diese
Fragen erhielten am Montag, dem 14. Februar 2000 in der
Turnhalle der Mörnsheimer Schule etwa 200 interessierte
Eltern von Rektor Werner Gratzer aus Regensburg, einem der
kompetentesten Referenten und Autor mehrerer Bücher zu
diesem Themenbereich. Er gab zahlreiche Hilfen und
konkrete Tipps, wie man im Elternhaus und in der Schule
dem Problem von Aggression und Gewalt begegnen kann.
Schon am Nachmittag hatten sich die Lehrkräfte der
Schulen Mörnsheim und Dollnstein und Schernfeld zusammen
mit dem Referenten in einer dreistündigen Pädagogischen
Konferenz intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt.
Wir geben hier einige seiner
Gedanken in Auszügen wieder, um zum Nachdenken anzuregen
und das Thema im Bewusstsein zu halten.
Was kann die
Familie gegen Gewalt und Aggression tun?
Sechs konkrete
Hinweise für Eltern
- Überprüfen Sie Ihre eigene
Einstellung zur Gewalt!
- Befürworten Sie keine
Äußerungen zur Androhung und Anwendung von
Gewalt!
- Akzeptieren Sie Ihre Kinder
so, wie sie sind und vermitteln Sie Ihnen
emotionale Geborgenheit!
- Beziehen Sie Ihre Kinder in
Entscheidungen ein, schaffen Sie eine Atmosphäre
des Vertrauens!
- Sprechen Sie mit Ihren Kindern
über Gewalterfahrungen, auch über Ihre eigenen!
- Wenden Sie selber in Ihrer
Erziehung keine aggressiven Verhaltensweisen an
und versuche Sie, Konflikte mit Ihren Kindern und
in Ihrer Familie ohne Gesalt zu lösen!
"Die
Familie ist der Ort, an dem die meisten Menschen
das erste Mal Gewalt erfahren. Gewalterlebnisse
innerhalb der Familie üben einen wesentlichen
Einfluss auf die Entwicklung und
Wertvorstellungen beim Kind aus.Sie prägen die
Einstellungen des Kindes und späteren
Erwachsenen zu aggressivem Verhalten und zum
Einsatz von Gewalt... Aggressive
Interaktionsmuster der Eltern, aber auch die
verdeckte Billigung von Aggression fördern die
Gewaltbereitschaft der Kinder."
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"Gesprächskiller"
vermeiden
- Befehlen, anordnen,
kommandieren: "Es ist mir völlig gleich,
was andere Eltern tun, ich will, dass es so
gemacht wird!"
- Warnen, ermahnen, drohen:
"Wenn da das machst, wirst du sehen, was du
davon hast!"
- Zureden, moralisieren,
predigen: "Kinder sollten sich
vertragen!"
- Schnelle und ungewollte
Ratschläge geben: "Hör gut zu: Du solltest
es so machen..."
- Beschimpfen und lächerlich
machen: "Du verhältst dich wie ein Baby,
wie ein Erstklässler..."
Das Kind ernst
nehmen
- Gelassenheit zeigen
- Ohne Vorwurf fragen
- Nicht vorschnell beurteilen
und kritisieren
- Aktiv zuhören, Gesagtes
wiedergeben
- Verständnis zeigen
- Optimismus zeigen ("Wir
werden das lösen")
- Kompromisse eingehen
- Eigene Standpunkte (auch mal)
ändern
- Nicht zu viel fordern
(nach H. Bündel,
Gewalt macht Schule, München 1994)
Warum
werden unsere Kinder immer aggressiver?
Gedanken
zu den Ursachen
Überforderung unserer
Kinder
"Häufig projizieren Eltern in ihre Kinder
Vorstellungen, Wünsche, Ideale, Lebensplanungen hinein,
die zu einer enormen Belastung für die Kinder werden
können. Eine spezifische Belastungsform ist die
Schulische Leistungserwartung der Eltern, der offen oder
unterschwellig Nachdruck verliehen wird. Häufig kommt es
zu langanhaltenden Konflikten, das Spannungs- und
Belastungspotenzial steigt. In den ´Bielefelder
Jugenduntersuchungen´ von K. Hurrelmann werden die
Folgen dokumentiert: Verhaltensauffälligkeit,
Drogenkonsum, Delinquenz, Aggressivität. ´Zeichnet sich
ab, dass die Erwartung der Eltern nicht realisiert werden
kann, so reagieren viele der betroffenen Jugendlichen mit
psychosomatischen Symptomen, erhöhtem Alkohol- und
Tabakkonsum und mit aggressivem Verhalten´.
Gesellschaftliche Einflüsse
"Sicher gab es zu keiner Zeit ein einheitliches
Weltbild. Aber so eine intensive Zersplitterung mit
jeweils eigenen, teilweise extrem gegensätzlichen und
absoluten Ansprüchen gab es noch nie. Kinder und
Jugendliche haben den Überblick verloren und
nicht nur sie! Die jeweiligen Gebote, Verbote, Ideale
oder Idole, Ziele und Normen verwirren... Es wird immer
schwieriger, Verbindliches und Wesentliches
kennen zu lernen. Die Frage nach dem Sinn des Ganzen bleibt
immer bestehen, entzieht sich aber zunehmend möglichen
Antworten. Diese Überforderung führt häufig zu
Unsicherheit, Ratlosigkeit, Pessimismus, auch zu Angst
oder ... zu aggressivem Verhalten und Gewaltbereitschaft.
Jugendliche brauchen Leitsterne,
keine Irrlichter! Niemand fordert "Ketten" in
der Erziehung, wohl aber eine Richtschnur, einen
roten Faden, eine Orientierungslinie...
Es geht hier nicht
um...Indoktrination durch das Elternhaus oder gar durch
die Schule, sondern es geht um Erziehung zur
Urteilsfähigkeit in Orientierungsfragen. Dabei sollte
eben nicht vergessen werden, dass Lernprozesse auch und
besonders über Nachahmung laufen auch Gewalt,
Aggression, Rücksichtslosigkeit, Intoleranz werden so
gelernt!.
Es darf nicht so weit kommen...,
dass es junge Menschen gibt, die kaum oder gar keine
menschlichen Werte kennen... Kinder entwickeln nicht von
selbst soziale Gefühle, Mitleid, Achtung, Toleranz. Dies
sind Gefühlsqualitäten, die Eltern und Lehrer vorleben
und transparent machen müssen....
Wer nicht erzieht, erzieht
auch das Ergebnis: im Stich gelassene "Unerzogene".
Die "Reiz
Reaktion"
Aggressive Reaktionen werden ausgelöst etwa
- durch Ankündigung von
Gefahren
- durch Herabsetzen des
Selbstwertgefühls
- durch Drohungen
- durch Versagung
fundamentaler Bedürfnisse aller Art
- durch In Abrede stellen von
Kompetenzen
- durch persönliche
Beleidigung und Bloßstellen
- durch Provokationen
- durch Konflikte im sozialen
Gefüge
- durch enttäuschte
Hoffnungen
- durch Nichterreichen eines
emotional gesetzten Zieles
- durch Angst
Zitate von Werner Gratzer
Eine gute,
intakte Familie ist die beste Prävention gegen
Gewalt und aggressives Verhalten.
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Aggressivität gibt es schon immer. Man darf sie
weder verharmlosen und herunterspielen, noch
dramatisieren.
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Destruktive, gewaltverherrlichende Filme machen
Kinderseelen kaputt und führen zu irreparablen
seelischen Schäden. Solche Filme gehören nicht
in die Reichweite von Kindern. Was da verbrochen
wird, können Eltern und Schule nicht mehr
reparieren.
Kein Kind kommt aus ohne die Vermittlung von
Werten durch Elternhaus und Schule.
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Erziehung ist das einfachste auf der Welt
mit erzogenen Eltern.
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Lang ist der Weg durch Belehrung, kurz und
erfolgreich durch das Beispiel (Seneca).
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Die Erziehungsbotschaft: "Du sollst nicht
schlagen" Die Erziehungsmethode:
"Schlagen!"
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Aggressive Kinder werden nicht geboren.
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Kinder verhalten sich nach Mustern nach
IHREN
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Bei schlechten Zeugnissen helfen gute Eltern.
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Drohen, erpressen, beleidigen, bloßstellen,
lächerlich machen, da Selbstwertgefühl
herabsetzen, reizen, provozieren, Hoffnungen
enttäuschen, Versprechen nicht einhalten, mit
Angst arbeiten erzeugen Frustration und führen
zur Aggression.
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Aggressives Verhalten ist meistens ein
Notprogramm der Kinder.
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Wenn Schüler zu "Dingen" werden, gehen
"Sachen" kaputt.
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Mit Gewalt geht alles --- kaputt.
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Wer die Welt verändern will, muss bei sich
selber anfangen.
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Jede Rohheit hat ihren Ursprung in einer
Schwäche (Seneca).
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Kinder brauchen Grenzen. Dabei sind Mauern und
Stacheldrahtzaun genauso wenig tauglich wie
Styropor und Watte.
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Tabus bewahren, auch einmal Nein sagen,
konsequent bleiben ist nicht verboten.
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Vielleicht brauchen Eltern und Lehrer mehr Ruhe
und Gelassenheit.... mehr Zeit für die Kinder
.... mehr Geduld.
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Jede persönliche Beleidigung tut weh.
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Der Geschmack von Eltern Musik. Kleidung,
Zimmergestaltung, Freund, Freundin, Fernsehen
betreffen ist noch lange nicht der Geschmack der
Kinder... noch lange nicht...
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Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was
wir tun, sondern auch für das, was wir nicht
tun.
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Gefühle zu zeigen ist niemals ein Zeichen von
Schwäche.
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"Wenn dann Sätze" von
Erziehern sind "Niederlagensätze".
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Abgebrochene Schulkarrieren können Kinder ins
Chaos führen.
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Kleine Schritte bewegen in der Erziehung oft sehr
viel.
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Mit den Kindern und mit den Lehrern im Gespräch
bleiben, im Gespräch bleiben, im Gespräch
bleiben...
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Literatur:
Werner Gratzer, Mit Aggressionen umgehen, Westermann
Verlag Braunschweig,
ISBN 3-14-16 2023-7
Miteinander anstatt gegeneinander. Wolf-Lehrerhandbuch
für den Einsatz im Deutschunterricht.Wolf-Verlag,
Regensburg, ISBN 3.523-29323-5
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